Ausführlicher Spielbericht zum Derbysieg gegen S.V. Raika Kuchl 1b von Desty Shax...
Warum der Oberalmer Sportverein die Klasse halten kann,
oder wo die Stadionsemmel zur Fußballplatzsemmel wird
Nach dem bestandenen, potenziell maximalen Stresstest letzten Sonntag bei der zweiten Garnitur der Salzburger Austria in Maxglan und der damit verbundenen Absage an den Tabellenkeller, hat sich die sportliche Situation beim 1. Oberalmer Sportverein nur leicht entspannt. Das erklärte Saisonziel (angestrebt worden war ein Platz im gesicherten Mittelfeld) wurde nach einem enttäuschenden Saisonstart schnell korrigiert. Es geht um den Klassenerhalt. Kann es Endspiele bereits am Saisonbeginn geben? Ja, kann es. Sowohl für Mannschaften mit Titelambitionen als auch für jene, welche die Klasse halten wollen.
Es ist ein lauer Herbstnachmittag im beschaulichen Oberalm an diesem 15. September 2018, als um 16 Uhr Schiedsrichter Özer Kaya die Heimmannschaft sowie die Gäste aus dem schönen Halleiner Becken am Fuße des Gölls und des Roßfelds (Distanz Oberalm – Kuchl ca. 11km) auf den Rasen führt. Wenn der Tabellen-Zwölfte bei lediglich drei Punkten Differenz den Tabellen-Elften zu Gast hat, ist die Ausgangsposition denkbar einfach. Beide Mannschaften fighten um den Anschluss an das Tabellen-Mittelfeld bzw. gegen den worst case, im Saisonverlauf am Tabellenende aufzuschlagen. Ein sogenanntes Sechs-Punkte-Spiel. Ein Sechs-Punkte-Spiel mit Derby-Charakter. Alles angerichtet. Während man in Oberalm nach dem ersten „Dreier“ der Saison vergangenes Wochenende in Salzburg auf die ersehnte Idealzündung hofft und SV Kuchl 1b nach der herben 0:3-Klatsche in Anif um Wiedergutmachung bemüht sein wird, ist nicht nur aufgrund der schwierigen Platzverhältnisse kein fußballerischer Leckerbissen zu erwarten. But who cares, it's Derby-Time!
Hellwach präsentiert sich der SV Kuchl 1b ab der ersten Spielminute gegen die traditionell in grünen Jerseys kickende Oberalmer Elf. Passgenaugkeit und solides Stellungsspiel, vor allem in der Defensivreihe, wissen zu gefallen. Der 1. Oberalmer Sportverein müht sich in den ersten Minuten vorwiegend damit, Pass- und Laufwege des Gegners durch das defensive Mittelfeld zu blockieren. Mit Erfolg. Die Gäste aus Kuchl sind durch fehlende Anspielstationen im Mittelfeld immer wieder gezwungen, mit dem weiten Pass ins letzte Drittel vorzudringen. Durch ein Missverständnis, der bis dahin soliden Abwehr der Gäste, hatte der Oberalmer SV bereits in der 4. Minute eine erste Einschussmöglichkeit. Ein klassischer Abstauber konnte jedoch nicht versenkt werden. In einer intensiv geführten Partie, in der vor allem der SV Kuchl 1b durch individuell-technische Qualität immer wieder mit flachem Passspiel die gut gestaffelte Oberalmer Defensive zu umspielen versucht, stand es nach 20. Minuten 0:0. In der 24. Minute ergibt sich, wiederum durch ein Missverständnis in der Defensive der Gäste, eine weitere Chance für den OSV. In einer Partie, in der die Chancenarmut vor allem einer safety-first-Devise, aufgrund der Tabellen-Situation geschuldet ist, und der OSV versucht, das Spielgerät vom eigenen Gehäuse fernzuhalten, sind es die Gäste aus Kuchl, welche in der Spielanlage versuchen, aus dem Auswärtsmatch ein Heimmatch zu gestalten. In der 27. Minute gelingt es dem SV Kuchl durch eine schnelle Kombination in der Defensive, das bis dahin mit flachen Bällen nicht überwindbare Bollwerk der Oberalmer Abwehr, mit einem schnellen Pass zu durchbrechen und den Stürmer ideal in Szene zu setzen. Dieser macht auch alles richtig, einschussbereit hat er nur nicht mit einem masterpiece eines sliding-tacklings im Strafraum des Oberalmer Abwehrspielers gerechnet. Nun ist das Derby dort, wo viele es sehen wollen. Intensität und Leidenschaft sollten fortan Verkopfung und Taktik ablösen. Im Gegenzug zum Hochkaräter der Gäste wird auf der Gegenseite in der 28. Minute ein Abseitstor aberkannt. Nun ist es ein Derby. Ein schlatziges Wort da, ein hässliches Wort da, nur die Beine machen da nicht mit. Trotz allem, was wohl Teil eines Fußballspiels ist, samt der Wortmeldungen von den Tribünen und der Banden voll geparkter Bierbecher, bleibt es ein faires Derby. Keine Gehässigkeiten, derbe fouls bleiben aus. Sollte es eine Mannschaft geben, die sich spielerisch in front eine Halbzeitführung erkickt haben sollte, da wäre es verdientermaßen der SV Kuchl 1b. Sollte es eine Mannschaft geben, die sich aufgrund kämpferischer Hingabe verdient in die Halbzeitpause gekickt hat, dann wäre es der OSV. Beide Mannschaften verlassen zur 15minütigen Traineranalyse bei X und Zero:Zero den Platz. Zeit für Bier und Sportplatzsemmel. Bemerkenswerte Corner-Statisik zur Pause: OSV 1 (6.), Kuchl 0.
Secondo Tempo:
Der Oberalmer Sportverein breitet die Flügel aus und steht nun in der Defensive wesentlich höher im gegnerischen pitch als noch in der ersten HZ. Kuchl 1b präsentiert sich weiterhin technisch versiert, kann den flachen Pass in die Kernzone des letzten Drittel durch gekonntes Einwirken der Heimmannschaft aber nicht anbringen. Die Kicker des Oberalmer Sportvereins unterbinden in der Unionisierung eines geschlossenen Kraftpakets die Angriffsversuche des Gegners und bleiben im Konter gefährlich. Es ist ein Spiel auf der Suche nach Momentum. Ein Moment kann die Partie kippen. In welche Richtung auch immer. Fokussiertes Verteidigen auf der einen Seite trifft sich zum Stelldichein mit technischer Raffinesse. Als in der 70. Minute der Oberalmer Goalie seinem Team wiederholt mit einer tollen Parade das 0:0 sichert, war nicht abzusehen, welche Geschichte dieses Match noch erzählen wird dürfen.
In einer hektischen Schlussphase, in welcher jedes Team die Taktik dem Spirit geopfert hat, fetzt die Kugel über den grünen Rasen, als wäre es ein Ping-Pong-Spiel. Beide Mannschaften schenken sich keinen Zentimeter Spielraum, verwerfen dabei allerdings jegliche Ordnung und spielen in Phasen Mann gegen Mann. Ordnung ade! Hallo Emotion! Auch die Zuschauer haben die Situation erkannt und erhöhen die Dezibel. Durch ein Missverständnis des Referees, kickt der OSV ab der 73. Minute nur noch mit Zehn Lemmingen. (In der ersten HZ war einem Spieler des OSV durch Verwechslung fälschlicherweise die gelbe Karte gezeigt worden; dieser wurde nun mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Shit happens.)
In einem wirren Match war Kuchl 1b bemüht, in Überzahl die Kontrolle durch angedachtes Kurzpassspiel zu erlangen und sich zu sortieren. Doch das gelang aufgrund einer erhöhten Passfehler-Quote und dem engagierten Einwirken einer Jetzt-erst-recht-Mentalität der Oberalmer Mannschaft nicht. Nichts für Feinschmecker. Ästhetik ade. Fußballspiel im Anders. Es war ein fight. Auch innerhalb des eigenen Teams wurde die Kommunikation nun präsenter, lauter, aggressiver. Fehler der Mitspieler finden ihren Ausdruck in der Detonation der Worte. Spieler drehen sich angewidert ab, während andere gestikulierend sich bereits im Kopf festlegen, den nächsten Pass dem Laufweg des Mitspielers anzupassen. An einen gepflegten Kick war nicht mehr zu denken.
Die letzten 15. Minuten in einer sehr fairen Partie sollten geprägt sein von Zonenaktivität. Während sich das Grün im Mittelfeld zu einer Wand formierte, versuchte der objektiv überlegene Gast weiterhin mit spielerischen Mitteln, diese zu überwinden. Es gelang nicht. Symptomatisch für die gesamte Partie war wohl auch die Schlussphase, in welcher die Gäste aus Kuchl ihrer technischen Überlegenheit vertrauten, doch war es auch dieser technischen Fertigkeit geschuldet, dass im letzten Drittel keine Torchancen kreiert werden konnten. Die Kuchler Jungs spielten bis weit in die gegnerische Hälfte attraktiven Fußball. Passspiel punktgenau, technisch variabel, konnten sie sich jedoch nicht bis vor die Bude des gegnerischen Gehäuses kombinieren. Dies lag zum einen an der Willensstärke des Heimteams, die Räume dicht zu machen, als auch an fehlender Umsetzung eines Plan-B, die kämpferisch stark postierten Oberalmer spielerisch in Schach zu halten.
Im Jubel zeigt sich die Unionisierung. Als in der 81. Minute der Altmeister des OSV vor Augen führte, dass man nie alt genug sein kann, um ein Schlitzohr zu sein, und den Ball aus dem Halbfeld über den Kuchler Goalie lupft, kannte der Jubel keine Grenzen. Geschlossen beklatschte sowohl die Mannschaft als auch das Publikum den gekonnten Geniestreich zum 1:0. Die Mannschaft des OSV funktioniert. Sie wissen um die Situation und vor allem um die Wichtigkeit jedes einzelnen erspielten Punktes im fight zum Klassenerhalt.
Für einen kurzen Moment herrscht Ausnahmestimmung am Sportplatz des 1. Oberalmer SV. Enttäuschung über einen misslungenen Saisonstart hat Pause. Freude! Es ist die Kurzlebigkeit der Emotionalität des Fußballs. Die Gäste wirken nach dem Gegentor konsterniert, die Stärke der Passgenauigkeit war einer Nervosität gewichen, die über die gesamte Spielzeit nicht zu erkennen war. Der Oberalmer SV macht das, was es in dieser Situation braucht und bringt sich als Team in Position. Im Wissen, dass es keine Überlegenheit geben kann, ist das Team der Champion. Das Team ist das Kernstück. Ist das Team im Kopf kaputt, wollen auch die Beine nicht. Es geht um den Willen, für den Mitspieler zu ackern und alles rauszuholen, was drin ist. Nur so kann die Klasse gehalten werden. Das Team funktioniert, wie auch schon beim 1:4 gg L`hausen im letzten Heimmatch ist die Mannschaft im Kopf wach. Die Spieler wollen, auch ein Verdienst von Coach R. Aichinger, die Mannschaft in den kreativen, aber wirkungslosen, weil wettkampfleeren Phasen einer Trainingswoche, bei Laune zu halten. Am Ende der Saison wird der Oberalmer Sportverein nicht aufgrund der technischen und spielerischen Fähigkeiten die Klasse halten können, dafür steht die Bereitschaft im Kreis der Mannschaft mit Ausläufern technischer Fertigkeiten. Diese sollte in einer gekonnten Einzelaktion eines substitute in der Nachspielzeit dem OSV das entscheidende 2:0 einbringen. Als Zeichen der Unzufriedenheit und des Wissens der eigenen ability blieb der Jubel des Torschützen aus. Mit Frust-Engagement, in welchem er am rechten Corner das Zuspiel eines Mitspielers gut verarbeitet und sich das Spielgerät auf den rechten Schlappen legt, zwei Gegenspieler umspielt, damit der angedachte Weg in die kurze Ecke des Gehäuses ohne Barriere sichtbar wird, kickt er den Ball gekonnt in die Maschen.
Kuchl 1b hatte dem 2:0 nichts mehr entgegen zu setzen. Schon nächste Woche wartet in Elixhausen eine weitere Bestandsprobe, eine Belastungsprobe. Ein befreites, weniger druckgeschwängertes Aufspielen hat sich der OSV durch den Sieg letzte Woche in Salzburg und dem heutigen run selbst erarbeitet.
Wenn sich die Mannschaft durch Rückschläge nicht im Kopf zerkracht, ist der Klassenerhalt das Mojo. Das Mojo ist immer das Wachsen im Guten, im Schönen. Es wird schwer, aber nicht unmöglich. Dass es eine schöne Möglichkeit der Zusammenkunft ist, zeigt auch die „dritte Halbzeit“ bei Bier und Brezel am Oberalmer Ground. Und wenn sich die Sonne hinter dem Untersberg versteckt, gehen auch am Sportplatz in Oberalm die Lichter aus. Es war eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, einen Nachmittag zu gestalten.
And after all…
war es ein faires Derby ohne Verletzungen und groben fouls. Die Triebtäter blieben aus, so wie die sportliche Kontingenz diesen Sport unantastbar und unwiderstehlich Freude schenkt. Fuaßboi, Oida!
Den Gästen aus Kuchl bis zum planmäßigen und wünschenswert ähnlich fairen Kräftevergleich im April 2019 alles Gute und eine verletzungsfreie Saison.
Respekt für jeden mit Respekt. Kick and create!
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Sportplatz Oberalm, attendance: ~90
OSV-Kuchl 1b: 2:0
rf: Özer Kaya
Ecken: OSV (6., 55.) / Kuchl 1b (67.)
(Explizit: Borce Stojkov)
Für weitere Infos:
https://www.fussballoesterreich.at/spieldetails/2381695/…